wie der Sockel des Ihme-Zentrums ein lebendiger Bestandteil Lindens

1 ein geöffneter Sockel

 
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Das Ihme-Zentrum wurde in den 70er Jahren als multifunktional genutzte, urban verdichtete Komplexbebauung errichtet. Realisiert wurde eine Stadt der kurzen Wege, die als Pilotprojekt eines autofreien Stadtteils aufgefasst werden kann. All diese Themen sind bis heute aktuell und manifestieren sich in der ungebrochenen Beliebtheit der Wohnungen.

Dagegen wurde der Sockel als Anliefer- und Garagengeschoss nach dem Scheitern des überregionalen Einkaufszentrums zur unansehnlichen Brachfläche und zum städtebaulichen Missstand. Öffentliche Sanierungsbemühungen müssen sich auf die Einbindung des Sockels in den Stadtteil konzentrieren. Belebt wird der Sockel durch die Verknüpfung mit dem Wegesystem der angrenzenden Stadtteile. Nicht nur Linden profitiert von der verbesserten Durchlässigkeit des Sockels. Das Ihme-Ufer wird als Freifläche zugänglich.

2 öffentlich gewidmete Wege

 

Notwendig sind drei öffentlich gewidmete Freiflächen als Wegeverbindungen in der Erdgeschossebene:

  1. eine Verbindung vom Küchengarten zur Ihme mit neuer Brücke zur Calenberger Neustadt

  2. eine übersichtlichere Verbindung von Gartenallee über die Ida-Ahrenhold- Brücke.

  3. der Rad- und Fußweg entlang des Ihme-Ufers

Entlang dieser neu gewidmeten öffentlichen Flächen gelingt die Grundlage für die Entflechtung von Gewerbe und Wohnen. Die einzelnen Wohn- und Bürogebäude werden dadurch direkt von öffentlicher Fläche erschlossen. Sie erhalten eigene Adressen und Zugänge. Sie werden unabhängig von den Gewerbeflächen des ehemaligen Einkaufszentrums. Die Gewerbeflächen können mit kalkulierbaren Zustimmungserfordernissen neu entwickelt werden.

3 Anbindung nach Linden

 
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Der Verkehr auf dem Küchengarten wird vereinfacht. Die Elisenstraße wird nur noch direkt über die Spinnereistraße erschlossen. Öffentlicher- und privater Nahverkehr werden neu sortiert. Zeitgemäße Rad-und Fußwege verbinden Ihme-Zentrum und Linden. Die Straßenprofile werde reduziert.

Die gewonnenen Flächen werden zusammen mit der Brache des “grünen Dreiecks” (Limmerstraße/Spinnereistraße/Elisenstraße) genutzt, damit Ihme-Zentrum und Linden sich aufeinander zubewegen. Die Gewerbeflächen im Ihme-Zentrum werden an die belebte Limmerstraße angebunden.

Die Gewerbe- und Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss des Ihme-Zentrums beleben die Blumenauer Straße.

Integration des Sockels von der Architektin Karin Kellner

4 ein Mobilitätshub belebt den Sockel

 

Die Neuordnung von privatem und öffentlichem Verkehr führt zu einem verbesserten Umsteigepunkt des öffentlichen Nahverkehrs am Küchengarten. Benachbart wird das Fernradwegenetz an dieser Stelle zu einem Kreuzungspunkt von Nord-Süd und Ost-West-Verbindung vervollständigt.

Die leerstehende riesige Tiefgarage bietet räumliche Möglichkeiten für den Ausbau der E-Moblität. Nachtstromüberschüsse aus dem benachbarten Heizkraftwerk werden zur Aufladung genutzt.

Dieser Mobilitäts-Hub belebt den Sockel des Ihme-Zentrums und stellt die Verbindung vom Küchengarten über die Ihme-Aue zum Innenstadtring her. Die Tiefgarage wird Stadtteilparkhaus für Carsharing. Der Fuhrpark wird überlagernd von den Gewerbebetrieben, Bewohnern und Beschäftigten in Büros und öffentlichen Einrichtungen genutzt. Im Sockel entsteht ein Paketverteilzentrum für den Stadtteil, dass die Verkehrsemmissionen reduziert.

ausführlicher zum Mobilitäts-Hub - von Gerd Runge

5 Einzelhandelsflächen verbinden

 

Einzelhandelsflächen für den Stadtteilbedarf werden entlang der Wege durch das Ihme-Zentrum entwickelt. Der Einzelhandel wird am Küchengarten und am „Schwarzen Bären“ an das vorhandene Angebot angebunden.

Der Mobilitäts-Hub führt zu einer Belebung der Wegeverbindung und des Erdgeschosses - als Grundlage für das Gedeihen des Einzelhandels.

6 der Sockel wird produktive Stadt

 

Durch die Digitalisierung werden Teile der Produktion kleinmaßstäblicher und stadtverträglich. Sie können als produktive Ergänzung zur Kreativwirtschaft in die Stadt zurückkehren. Der Zugang zu qualifiziertem Personal ist leichter. Die Nähe zu Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen verbessert die Entwicklungsdynamik. Der direkte Marktzugang in der Stadt wird zum Standortvorteil.

Die Mischung von Gewerbe und Wohnen, die Überlagerung von moderner, digitalisierter Produktion mit einer Ökonomie für Geflüchtete und dem Stadtteilkleingewerbe große Integrationspotenziale.

Der Großteil des Sockels erhält durch diese Nutzung belebte Fassaden. Über Lichthöfe zwischen den Gebäudezeilen der Obergeschosse wird der Sockel mit Tageslicht versorgt.

detailliertere Darstellung zum produktiven Stadtlabor im Sockel von Gerd Runge

7 kulturelle Nutzungen

 

Die verwaiste Betonstruktur ist als interpretationsfähige Nische in der Stadt und Sehnsuchtsort. Davon zeugen die vielen Kunstaktionen, Theaterstücke, Konzerte und Ausstellungen die im Ihme-Zentrum in den letzten Jahren stattgefunden haben. Neben der Zukunftswerkstatt Ihme-Zentrum bieten die Agentur für kreative Zwischenraumnutzung und die Galerie Brutal Möglichkeiten für die kulturelle Neuinterpretation der Flächen, die durch das Scheitern des überregionalen Einkaufszentrums verfügbar geworden sind. Für den Bereich neben der Zukunftswerkstatt ist ein Konzept für eine Genossenschaft entwickelt worden, die dringend benötigte Atelierflächen für die bildenden Künstler in Hannover bereit stellen kann.

8 Wohnen und Service-Wohnen

 

Die weitgehend leerstehende Bebauungszeile entlang der Blumenauer Straße ist aufgrund der Ausrichtung sehr gut zur Umnutzung zu Wohnungen geeignet.

Durch die hohe Verdichtung und die Erschließung aller Wohnungen mit Fahrstühlen kann im Ihme-Zentrum ein fein abgestuftes System an Betreuungsleistungen in barrierefreien Wohnungen angeboten werden, das in allen anderen Stadtteilen aufgrund der Wegstrecken unwirtschaftlich wäre. Ergänzend zu den Service-Angeboten in den Wohnungen kann im südlichen Bereich eine stationäre Einrichtung etabliert werden. Denkbar ist die Umsiedlung oder Auslagerung des Godehardi-Stift.

Im Block Limmerstr./Spinnereistr./Elisenstraße können ergänzend viele neue Wohnungen entstehen, weil durch den Rückbau der überflüssigen Verkehrsflächen ein großes, zentral gelegenes Grundstück verfügbar wird.

9 Energiewende und Smart City

 

Chancen für ein klimaneutrales Ihme-Zentrum sind die sehr kompakten Gebäude mit einheitlicher Baukonstruktion, einheitliche bisherige Fernwärme- und Stromversorgung sowie die hohe Verdichtung gemischter Nutzungen. Energiequellen im Umfeld sind die geplante Photovoltaik-Anlage, die durch eine Mietergenossenschaft betrieben wird und das benachbarte GUD-Kraftwerk mit Nachtstromüberschüssen. Energiekreisläufe können zwischen den Nutzungen Wohnen, Büros, Einzelhandel, Produktion und den E-Mobilen im Mobilitäts-Hub sowie zusätzliche Energiespeichern in den ehemaligen Tiefgaragengeschossen gesteuert werden.

Die organisierte Eigentümerstruktur kann die Erfassung der Daten für Energieaustausch und Energieverbrauch im Zusammenhang mit der Modernisierung der Haustechnik in Angriff nehmen. Die Datenerfassung als Grundlage der „Smart City“ soll zu einem Modellprojekt werden, das sicher stellt, dass Datenschutzstandards eingehalten werden.

wie die Energiewende im Ihme-Zentrum funktioniert von Steffie von Heeren und Gerd Runge

10 Beteiligung und Sanierung

 

Die Integration des Sockels des Ihme-Zentrums in die benachbarten Stadtteile gelingt nur im gemeinsamen Prozeß von Eigentümern, Nutzern, Anwohnern der benachbarten Quartiere und Stadtverwaltung.

Nach Auffassung der Arbeitsgruppe Architektur und Stadtplanung der Zukunftswerkstatt Ihme-Zentrum soll dafür eine vorbereitende Untersuchung in Auftrag gegeben werden. Im Baugesetzbuch ist ein Beteiligungsverfahren verankert, das alle Betroffenen einbezieht. Weiterhin werden verlässliche Aussagen über die bausubstanzielle, wirtschaftliche und rechtliche Ausgangssituation sowie ein Sanierungskonzept erarbeitet. Schließlich werden die räumliche Ausdehnung, Zielrichtung, Nutzen und Kosten der öffentlichen Intervention zusammengestellt. Auf dieser Grundlage

  • entscheidet die Politik, ob der öffentliche Mittelaufwand im Verhältnis zum öffentlichen Nutzen angemessen ist

  • entscheiden die Eigentümer, ob das Sanierungskonzept für sie vorteilhaft und wirtschaftlich tragbar ist

Wird danach beschlossen, ein Sanierungsverfahren einzuleiten, können für die Beseitigung der städtebaulichen Missstände Mittel von Land und Bund herangezogen werden. Zusätzliche Investitionen können durch erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten ausgelöst werden.

Der Auftrag einer vorbereitenden Untersuchung löst keine Verpflichtung einer öffentlichen Investition in das Ihme-Zentrum aus. Es werden lediglich die ohnehin für alle Beteiligten notwendigen Entscheidungsgrundlagen zusammengetragen. Stadt und Politik klären parallel alternative Handlungsoptionen und verstärken damit ihre Position in der Verhandlung mit den Eigentümern. Dieser Schritt ist offenbar notwendig: Die Großeigentümer Engel, Carlyle, Landesbank Berlin und Intown haben nacheinander ihren Konzepten und Ankündigungen keine Taten folgen lassen. Der inzwischen 15 Jahre andauernde Stillstand im Ihme-Zentrum ist auch dadurch verursacht, dass die Stadt sich allein auf die Verhandlungen mit dem jeweiligen Großeigentümer beschränkt hat.